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© Copyright Godela Erhard - Alle Rechte vorbehalten

Die Werke der Künstlerinnen hängen nicht räumlich getrennt voneinander, sondern sie versuchten, mit einer gemeinsamen Hängung auch einen Zusammenhang zwischen ihren Bildern herzustellen. Und obwohl ihre Motive, Techniken und Malweise – einmal nahezu abstrakt, einmal fast gegenständlich – auf den ersten Blick ganz unterschiedlich zu sein scheinen, ergeben sich auch erstaunliche motivische oder koloristische Gemeinsamkeiten, die in einer Art Zwiesprache münden.


Godela Erhard, deren Ölgemälde „Tiefer See“ Sie bereits auf der Einladung in seine Tiefe zieht, lebt und arbeitet in Pforzheim. Sie möchte tatsächlich nichts Gegenständliches wiedergeben und ist stets auf der Suche nach Tiefe. Es ist im Übrigen auch eine Kunst, dieses Gemälde mit all seinen dunklen, grün-blau-gelben Farbschattierungen zu reproduzieren, so dass man dessen Tiefgründigkeit auch spürt. 

Die Künstlerin hat es aus Braunschweig über ein Bühnenbildner-Praktikum – und das ist etwas, das sie mit Angelika Steiniger verbindet, denn auch diese begann als Bühnen- und Kulissenmalerin – an die Kunstakademie nach Stuttgart geführt, dann als Grafikdesignerin lange in der Werbung gearbeitet. Aber immer schon hat sie das freie Malen interessiert, und sie legt auch sehr frei und gestisch ihre Bilder an; Grundlagen sind Skizzen vor Ort und kurze Gedankengedichte als Gedächtnisstütze. Eindrücke aus der stets wechselnden Natur verinnerlicht sie, trägt sie weiter, bis sich diese Sinnes- bzw. Verstandeseindrücke in eine Intuition gewandelt haben, die das Gesehene dermaßen abstrahiert, dass sich Landschaft und Vegetation zu lasierend übereinander gelegten Farbschichten verdichten, die einmal über das Bild rinnen, ein anderes Mal eher pastos fast reliefhaft auf der Oberfläche liegen. Man glaubt gar einen traumwandlerischen Gang durch ein dichtes Urwalddickicht zu unternehmen, in welchem Schatten flimmern, Farbflecken aufleuchten, ein kleiner See blau schimmert. Farbflächen können teilweise abgewischt, verwischt oder gar abgekratzt werden, ohne den Gesamteindruck zu verletzen. Vielmehr werden dadurch darunter liegende Farbschichten wieder freigelegt und somit die erwünschte Tiefe und Tiefgründigkeit erzeugt. 

Eine bleibende Schönheit, wie die Haut eines Menschen, die sich verändert, älter wird und Falten wirft und dennoch schön bleibt. Eine andere Schönheit als die glatte Ästhetik der Werbung wird hier aufgezeigt, ein meditatives Gefüge aus verdeckten Seelenlandschaften, auch mit der Vehemenz von Schrammen und Kratzern. 

Godela Erhard arbeitet mit einer begrenzten Palette, mischt wenige Farben meisterlich und intuitiv, überwiegend Grün- und Blau-Töne mit einem Zitronengelb oder einem leuchtenden Orange, und setzt sie in einem langen Arbeitsprozess aus Warten, Betrachten, Trocknen, Abtragen, dann wieder ein Farbauftrag oft mit breitem Pinsel an- und aufeinander oder akzentuiert mit Ölpastellkreiden.

Die abstrahierten und transformierten Landschaften von Godela Erhard reihen sich im Sujet ein in die lange Tradition der Landschaftsmalerei, angefangen bei Albrecht Altdorfer und der Donauschule, bei Carracci und der Bologneser bzw. Venezianischen Malerei über die Franzosen Poussin und Lorrain mit ihren Ideal- und arkadischen Landschaften. Bei den Niederländern van Goyen und Ruysdael wird Landschaft bereits symbolhaft aufgeladen, und in der Romantik tritt der Mensch zugunsten der Landschaft fast ganz zurück. Erst mit Cézanne und Courbet beginnt sich die die Natur aufzulösen, auf Figurenstaffage wird verzichtet. Godela Erhard geht noch einen Schritt weiter: kein Horizont ist zu sehen, Orientierung ist kaum möglich, wir tauchen völlig ein in reines Farbgefüge.

Auch auf den kleinen Formaten auf Papier folgt die Künstlerin diesen Prinzipien: mit Ölkreiden, die stellenweise verwischt ineinander übergehen, wird diese lange Prozedur sichtbar. Es sind Farbakzente, die in unserem inneren Auge vage Erinnerungen an gesehene Landschaften aber auch Ereignisse wach werden lassen, oft aus dem differenziert dunkel Verborgenen herausschimmern oder -leuchten.

Im großformatigen „Immer – morgen – immer“ kann man diese Vorgehensweise, die sich oft über Wochen und Monate erstreckt, nachvollziehen: wir assoziieren etwas von Blühen in einem tiefen Dunkel, eine vage Blütenform, die Lasurrinnen erinnern an Flüssiges, Wasser, einen Seerosenteich. Die große Kunst bei Godela Erhard besteht darin, ihre abstrahierten Natureindrücke wieder in ein inneres, für jeden von uns Betrachtern individuelles Bild von etwas Geschautem zu verwandeln, stille oder bewegte Farbkompositionen zu schaffen, die uns jetzt, morgen und immer diesen geheimnisvollen Wandel der Natur erahnen lassen. 

Und das verbindet die Werke mit dem Ausstellungstitel „Vom Gehen und Bleiben“.

Helene Seifert, Kunsthistorikerin